Geschichte der Innung
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1898
Gründung der Innung für das Klempner- und Installateurhandwerk
Paul Schnettker wird zum ersten Obermeister der Innung gewählt
1945
Gründung der innungseigenen Lehrwerkstatt
Nachdem 90% aller Betriebe durch Bomben zerstört wurden.
1979
Erste Innungsversammlung im „Haus des Handwerks“
2022
Zusammenschluss der Innungen Essen / Mülheim an der Ruhr
Anlässlich 100 Jahre Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Essen
von Ass. Wolfgang Dapprich
Geschäftsführer der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Ruhr-West
Das Vorhaben, 100 Jahre Geschichte der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Essen Revue passieren zu lassen, stößt auf ein großes Problem. Durch die beiden Weltkriege sind sowohl für den Bereich der Handwerkskammer Düsseldorf als auch für den speziellen Bereich Essens die wesentlichen Unterlagen entweder verbrannt oder verloren gegangen. Trotzdem ist es uns gelungen, relativ lückenlos ab dem Jahr 1898 die Entwicklung in Essen aufzuzeigen, wobei nicht unerwähnt bleiben soll, daß die Jubiläumsschriften der Innung zum 60. und 75. Jubiläum wichtige Daten beinhalteten.
Unter der napoleonischen Besetzung Essens sind Anfang des 19. Jahrhunderts entsprechend der französischen Gesetzgebung die Zünfte aufgelöst worden. Erst zu Beginn der 80er Jahre des vorherigen Jahrhunderts entstanden neue Innungen. Anlaß gab dazu das Innungsgesetz von 1881, das für die Innungen die Einrichtung des öffentlich-rechtlichen Körperschaftscharakters brachte. Das sogenannte Handwerkerschutzgesetz vom 26. Juli 1897 führte dazu, daß sich in Essen weitere Innungen gründeten. Auch verschiedene Klempner- und Installateurmeister beschlossen im Jahr 1897, in Essen lebten damals 100.000 Menschen und es gab exakt 42 Installateur- und Klempnerbetriebe, eine Innung für das Klempner- und Installateurhandwerk zu gründen. Nachdem der Antrag an den Regierungspräsidenten gestellt war, wurde diesem schließlich im Jahre 1898 stattgegeben.
Bild Nr. 1: Zwei Rechnungen der Fa. August Kunst aus den Jahren 1891 und 1902
In der Gründungsversammlung wurde sodann der Klempner- und Installateurmeister Paul Schnettker zum ersten Obermeister der Innung gewählt. Als stellvertretender Obermeister stand ihm Herr v. d. Weppen zur Seite. In den Innungsvorstand wurden ferner die Herren Otto Degenhardt, Felix Schlenkert, Arnold Kohl und Heinrich Blümling gewählt.
Das Handwerkerschutzgesetz vom 26. Juli 1897 brachte neben der Errichtung der Handwerkskammern vor allem die Möglichkeit zur Gründung fakultativer Zwangsinnungen. Neben den bisher bestehenden freien Innungen konnten nun Zwangsinnungen gegründet werden. Die Errichtung mußte durch behördliche Verfügung erfolgen, wenn die Mehrheit der im Innungsbezirk vorhandenen beteiligten selbständigen Handwerker der Einführung des Beitrittszwanges zustimmte.
Die 1898 gegründete Klempner- und Installateur-Innung Essen war eine solche Zwangsinnung, d. h. jeder zur damaligen Zeit selbständige Klempner- und Installateurmeister Essens mußte sich der Innung anschließen. Innungsversammlungen wurden regelmäßig alle 4 Wochen abgehalten.
Wer unentschuldigt fehlte, wurde mit einem Bußgeld belegt. Zu den Aufgaben der Innung gehörte damals schon die Förderung der Berufsausbildung und die Durchführung von Gesellen- und sogar Meisterprüfungen. Nach Herrn Obermeister Schnettker wurde dieses Amt in den folgenden Jahren von den Herren v. d. Weppen und Degenhardt bekleidet.
Im Jahr 1907 schloß sich die Essener Klempner- und Installateur-Innung dem Rheinischen Fachverband an. Die wichtigsten Aufgaben des Fachverbandes waren damals, die berufsständischen Belange der einzelnen Innungen zu fördern, Verhandlungen mit den Landesregierungen und Regierungspräsidenten zu führen, die Vertreter zu den Berufsgenossenschaften zu wählen, den Lohn und die Arbeitszeit zu regeln sowie die fachlichen Vorschriften für das Lehrlingswesen auszuarbeiten.
Erst im Jahr 1912 schloß sich die Innung dem örtlichen Innungsausschuß, dem Rechtsvorgänger der Kreishandwerkerschaft an, der die Aufgabe hatte, die in Essen ansässigen Innungen zusammenzuschließen und durch eine gemeinsame Geschäftsführung zu vertreten, die Ausbildungsverhältnisse in der Stammrolle einzutragen und Verhandlungen mit den städtischen Behörden zu führen. Die einzelnen Innungen blieben jedoch weiterhin selbständig.
Bild Nr. 3: Urkunde zur Ausbildungsberechtigung im Jahr 1911
Mit dem Ende des 1. Weltkrieges im Jahr 1918 wurde von Seiten der Versammlung ein neuer Vorstand gewählt, an deren Spitze Herr Obermeister Schlenkert stand. Obermeister Schlenkert führte die Geschäfte der Innung bis zum Jahr 1933 durch eine turbulente Zeit. Nach der Scheinblüte der Jahre 1925 bis 1930 stand an deren Ende der schwere wirtschaftliche Rückschlag, der die Zahl der Erwerbslosen unermeßlich ansteigen ließ. Manche Kollegen mußten ihren letzten Gesellen entlassen und standen häufig allein in ihrer Werkstatt ohne nennenswerte Arbeit. Im Jahr 1932 kam es dann schließlich zu dem großen Banken- und Börsenkrach. Im Jahr 1933 wurde das 1000jährige Reich ausgerufen, welches 12 lange und unheilvolle Jahre währte.
In die Zeit vor 1933 fiel die Gründung der Sterbekasse des Innungsausschusses unter dem Vorsitz des Klempner- und Installateurmeisters Albert Figge, der sich stets uneigennützig für die Belange dieser Einrichtung und seiner Handwerkskollegen einsetzte.
Bild Nr. 4: Lohntarif
Obermeister Schlenkert wurde im Jahr 1933 als Obermeister abgesetzt. Jüdische Handwerkskollegen hatten die Versammlungen zu verlassen. Mit staatlicher Duldung konnte Herr Luis Nockemann das Amt des Obermeisters bis zum totalen Zusammenbruch im Mai 1945 ausüben.
Der Krieg hatte das gesamte Essener Handwerk stark gezeichnet. 90 % aller Betriebe waren durch Bomben zerstört worden. Nach der Reichshauptstadt Berlin war Essen die deutsche Stadt, auf die die meisten Bomben niedergegangen waren. Mit dem Wiederaufbau kehrte aber das Leben langsam in die Stadt Essen zurück.
Viele Mitglieder der Innung befanden sich nach dem Ende des Krieges in Gefangenschaft. Der kleinere, am Ort verbliebene Teil der Innungsmitglieder wählte recht bald einen kommissarischen Innungsvorstand, dem folgende Herren angehörten: Herr Julius Reuter als Obermeister, Herr Josef Lütz als stellvertretender Obermeister und Herr Andreas Stiller als Lehrlingwart. Weitere Vorstandsmitglieder waren die Herren Erich Golland, Peter Gilgen, Arnold Friedrich Kohl, Hans Lörx und Emil Ober. In der darauffolgenden Mitgliederversammlung wurde dieser Vorstand einstimmig genehmigt.
Im Rahmen der zweiten Vorstandssitzung Anfang Oktober 1945 unterbreitete der Lehrlingswart Andreas Stiller den Vorschlag, eine innungseigene Lehrwerkstatt zu gründen. Aufgrund der Tatsache, daß in den Nachkriegsjahren eine ordentliche betriebliche Ausbildung in Folge der Zerstörung von zwei Dritteln aller Klempner- und Installateurbetriebe nicht gegeben war, wurde dieser Vorschlag von allen Vorstandsmitgliedern mit großem Interesse aufgenommen und man beauftragte Herrn Andreas Stiller, die innungseigene überbetriebliche Lehrwerkstatt zu gründen (siehe hierzu den separaten Bericht an anderer Stelle der Festschrift).
Bild Nr. 5: Mitglieder der Klempner- und Installateur-Innung Essen bei einem
Innungsausflug am 12. Oktober 1949 nach Remscheid
Auch das Verbandswesen wurde nach dem Ende des Krieges neu entwickelt. Aus dem rheinischen und dem westfälischen Innungsverband heraus wurde der Landesfachverband Nordrhein-Westfalen gegründet, dessen Vorstand zunächst Julius Reuter und anschließend auch Andreas Stiller bis 1969 angehörten.
Im Jahr 1954 legte Obermeister Julius Reuter sein Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder und es wurde ein neuer Vorstand unter Obermeister Andreas Stiller gewählt. Weitere Mitglieder des Vorstandes waren: Herr Heinrich Everings als stellvertretender Obermeister, Herr Theo Wagner als Lehrlingswart sowie die Herren Ewald Berger, Paul Beuten, Josef Bung, Hermann Bungardt, Peter Marliani und Julius Reuter als weitere Vorstandsmitglieder.
Der neue Innungsvorstand setzte dadurch neue Akzente, daß er Bezirksmeister einsetzte, um das Innungsleben auf Bezirksebene zu fördern. Jedes Innungsmitglied konnte in den Bezirksversammlungen persönlich angesprochen werden, Wünsche und Anregungen wurden entgegengenommen, den Betrieben konnte mit Rat und Tat unmittelbar zur Seite gestanden werden.
Bild Nr. 6: Die besten Hausfrauen werden beim Bundeswettkochen 1954 im
Essener Saalbau ermittelt
Die folgenden 20 Jahre des Innungsgeschehens waren geprägt von dem wirtschaftlichen Aufschwung der Bundesrepublik Deutschland, der sich auch auf dem Bau- und Ausbausektor bemerkbar machte. Die Innung und ihre Mitglieder erlebten eine Blütezeit der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung. Dieses zeigt sich schon daran, wenn man sich verdeutlicht, daß die heimische Kohle von anderen Energieträgern wie Gas-, Öl- und Fernwärme zunehmend abgelöst wurde und dementsprechend neue Heizsysteme errichtet werden mußten.
Von dem Innungsvorstand des Jahres 1954 blieben Herr Andreas Stiller und Herr Heinrich Everings bis 1972 in ihren Ämtern. In der Innungsversammlung am 28. Februar 1972 traten beide Kollegen aus Altersgründen zurück. Sowohl Herr Stiller als auch Herr Evering ist es zu verdanken, daß bereits am 25. November 1965 ein junger Mann in den Innungsvorstand gewählt wurde, der schließlich vom 22. April 1966 bis zum 12. Mai 1993 das Amt des Lehrlingswartes bekleidete, Herr Martin van Beek. Herr van Beek hat sich stets in vorbildlicher und selbstloser Weise um die Belange der Auszubildenden und der Lehrwerkstatt gekümmert. Wir verweisen insoweit auch hier auf die Ausführungen zu der Lehrwerkstatt an anderer Stelle dieser Chronik.
Herr Wilhelm Kötting löste Herrn Andreas Stiller schließlich am 28. Februar 1972 als Obermeister ab. Stellvertretender Obermeister wurde Herr Claus Hövel. Neben Herrn Martin van Beek als Lehrlingswart gehörten darüber hinaus die Herren Böhnke, Heinen, Hölting, Kaes, Schultenkamp und Jost, der am 26. November 1973 durch Herrn Heinz Wienhusen abgelöst wurde, dem Innungsvorstand an. Bereits am 27. Februar 1975 wurde Herr Kötting von Herrn Claus Hövel als Obermeister abgelöst. Herr Hövel leitete die Geschicke der Innung bis zum März 1980. In diesen Zeitraum fiel die Beschlußfassung der Obermeister, die Kreishandwerkerschaft von der Akazienallee zur Katzenbruchstraße zu verlegen. Dieser Beschluß bedeutete gleichzeitig die Genehmigung für die Kreishandwerkerschaft, ein neues Verwaltungsgebäude nebst überbetrieblichen Lehrwerkstätten zu bauen. Nach der endgültigen Bewilligung des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft konnte hiermit im Jahr 1975 begonnen werden. Nachdem die Innungsversammlungen in der Vergangenheit überwiegend im Kegelklubhaus „Wilmes“ am Moltkeplatz oder aber im Essener Saalbau stattgefunden hatten, konnte schließlich die erste Vorstandssitzung am 08. März 1979 und die erste Innungsversammlung am 22. November 1979 in der neuen Kreishandwerkerschaft, dem „Haus des Handwerks“ an der Katzenbruchstraße 71 in Essen-Nord veranstaltet werden.
Aufgrund der kommunalen Gebietsreform vergrößerte sich das Einzugsgebiet der Essener Innung ab dem 01. Januar 1975 um den Bereich Essen-Kettwig. Die 70er Jahre waren aus Essener Sicht darüber hinaus davon geprägt, daß auf Seiten des Fachverbandes der umstrittene Unterstützungsfond eingerichtet und eine Umlage für die Öffentlichkeitsarbeit der SHK-Handwerke erhoben wurde. Heute beweist sich, daß es sich hierbei um eine richtige Entscheidung des Fachverbandes gehandelt hat.
Nachdem die Innung zwischenzeitlich kommissarisch durch den stellvertretenden Obermeister, Herrn Werner Hölting, geführt worden war, wurde in der Innungsversammlung am 09. April 1981 ein neuer Vorstand gewählt. Als Obermeister wählte die Innungsversammlung Herrn Günter Quedeweit, der die Geschicke der Innung seit dem Jahr 1981 in souveräner Art und Weise leitet. Herrn Quedeweit stand anfangs weiterhin Herr Werner Hölting als Stellvertreter zur Seite, Lehrlingswart blieb Herr Martin van Beek. Weitere Vorstandsmitglieder waren die Herren Heinen, Mohaupt, Sauerwald, Schultenkamp, Thiemann und Wienhusen.
Herr Günter Quedeweit verstand es, die bestehenden guten Kontakte zu den Stadtwerken, der Berufsschule, dem Arbeitsamt, dem Großhandel und verwandten Handwerken wie den Schornsteinfegern, weiter zu vertiefen und zu verbessern. Die Innung beteiligte sich an öffentlichkeitswirksamen Aktionen wie Messen und Ausstellungen, insbesondere auch an Lehrstellenbörsen und Berufsinformationstagen wie der „Berufsbildung 2000“, bei der sich Tausende von Schulabgängern aus der MEO-Region Mülheim, Essen, Oberhausen über die SHK-Handwerke informieren können.
Seit Anfang der 90er Jahre hat die Innung eine Schlichtungsstelle eingerichtet, die darum bemüht ist, Beanstandungen der Verbraucher mit dem örtlichen Installateur gütig zu einigen. Darüber hinaus wird von Seiten der Sanitär-Innung eine Abmahnstelle unterhalten, die Wettbewerbsverstöße ahndet. Fortbildungsveranstaltungen für Gesellen und Meister gehören inzwischen ebenfalls zu dem alltäglichen Geschäft der Innung.
Im Rahmen der am 20. Mai 1996 stattfindenden Innungsversammlung wurde der Innungsvorstand verjüngt. Unverändert stehen Herr Günter Quedeweit als Obermeister und Herr Helmut
Hegemann als stellvertretender Obermeister an der Spitze der Innung. Lehrlingswart der Innung ist Herr Thomas Piek. Weitere Vorstandsmitglieder sind darüber hinaus Herr Martin van Beek jun., der seinen Vater nach fast 30jähriger Vorstandsarbeit ablöste, Herr Martin Böhnke, Herr Jens Kater, Herr Richard Ringel, Herr Franz-Josef Sauerwald und Herr Detlev Werth. Als sogenanntes kooptiertes Mitglied gehört darüber hinaus Herr Klaus Pape dem Innungsvorstand an.
Zu den neuen Aufgaben und Zielen des Vorstandes gehört es, für die Innungsmitglieder gemeinsam mit dem Großhandel durch die Umsetzung des „Badweltkonzeptes“ neue Akzente im Bereich des Einzelhandels zu setzen. Weitere Aufgabenschwerpunkte sind im Bereich des Gebäudemanagements und auch im Bereich der Wärmelieferung zu finden. Für die Zukunft zeichnen sich hier interessante Möglichkeiten ab. In sozialpolitischer Hinsicht setzt sich die Innung weiterhin dafür ein, der Jugendarbeitslosigkeit zu begegnen, indem die Berufsausbildung qualitativ hoch und die Belastungen für die Betriebe möglichst gering gehalten werden. Auf diese Weise wird auf betrieblicher Seite nach wie vor die Bereitschaft zur Berufsausbildung gefordert.
Mit der Novellierung der Handwerksordnung zum 01. April 1998 sind der Innung von Gesetz wegen neue Maßstäbe gesetzt worden. Die Berufe Gas- und Wasserinstallateur sowie Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sind zu dem neuen Beruf Installateur- und Heizungsbauer zusammengeführt worden. Wissen, das früher für zwei separate Vollhandwerke angeeignet werden mußte, soll nun in einem neuen Handwerk erlernt werden, trotz regelmäßiger Neuerungen im Bereich der Regeltechnik. Hier gilt es dafür Sorge zu tragen, daß die Betriebe weiterhin den stets wachsenden Anforderungen des Marktes und der Technik gerecht werden können.
Als berufsständische Interessenvertretung ist die Innung in stetem Zusammenwirken mit dem Fachverband und der Kreishandwerkerschaft so aktiv wie nie zuvor und eine Mitgliedshaft in dem Dienstleistungsapparat Innung sollte für jeden SHK-Handwerker obligatorisch sein.
Die historische Entwicklung der Wasser- und Gasversorgung in Essen
Von Jürgen Malone und Dr. Martin Annen
Stadtwerke Essen AG – Historisches Archiv
Die Gründung des „Städtischen Gas- und Wasserwerkes“ am 2. März 1867 gilt als Geburtsstunde der zentralen Energie- und Wasserversorgung für die Stadt Essen. Sowohl bis zu diesem Zeitpunkt als auch danach hat die Stadt eine rasante Entwicklung vollzogen. Um 1800 lebten in der von Landwirtschaft geprägten Stadt ungefähr 3.500 Einwohner. Infolge der Industrialisierung Essens durch die Produktion von Kruppschem Gußstahl sowie durch den verstärkt einsetzenden Kohlebergbau um 1840 stieg die Einwohnerzahl im 19. Jahrhundert sprunghaft auf 9.500 Menschen im Jahre 1850, über 51.513 Einwohner im Jahre 1871 und auf 100.000 Bewohner im Jahre 1896 an. Das Zusammenleben derartig vieler Menschen machte die Einrichtung größerer Versorgungssysteme notwendig.
Die Wasserversorgung Essens im 19. Jahrhundert
Im vorindustriellen Essen konnte, solange die Einwohnerzahl relativ klein und überschaubar war, der Wasserbedarf der Bevölkerung mit Hilfe von Grundwasserbrunnen und der Kaupenleitung gedeckt werden. Bei den Grundwasserbrunnen handelte es sich zum Teil um Privatbrunnen, zum Teil aber auch um Nachbarschaftsbrunnen, die gemeinwirtschaftlich von Nachbarschaften oder sogenannten Püttgenossenschaften bewirtschaftet wurden.
Die Kaupenleitung stellte das Wasserversorgungssystem des ausgehenden Mittelalters und der frühen Neuzeit dar. Sie wird 1434 erstmals erwähnt. Gespeist wurde die Leitung durch ein Sammelbecken, das sich vor den Toren der Stadt in südlicher Richtung auf einer Anhöhe gelegen befand – ungefähr dort, wo heute das Museumszentrum mit Museum Folkwang und Ruhrlandmuseum steht. Gefüllt wurde das Becken durch verschiedene Quellen, z.B. der Limbecke. Dieses Becken speiste eine zunächst hölzerne, später eine durch gußeiserne Röhren ersetzte, unterirdisch verlegte Leitung. In freiem Fall floß das Wasser in die Stadt (Gravitationsleitung), wo es an vier Zapfstellen, den „Fontänen“, von den Einwohnern entnommen werden konnte. Der erste Bürger, der sein Haus nachweislich an die Kaupenleitung anschließen ließ, war Arnold Krupp im Jahr 1698.
Mit dem Beginn des industriellen Bergbaus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das seit dem Mittelalter existierende Versorgungssystem obsolet. Der Einsatz der ersten Dampfmaschine durch Franz Dinnendahl (1803) sowie das Durchstoßen der Mergeldecke durch Franz Haniel (1832) ermöglichten zwar den Abbau auch der tiefergelegenen Kohlevorkommen, gruben aber der Essener Bevölkerung buchstäblich das Wasser ab, das sie aus Grundwasserbrunnen und Kaupenleitung entnahmen. Die akute Wassernot, in welche die Stadt geriet, trieb die Essener Bürger aus Angst um ihre Existenzgrundlage sogar auf die Straße, wie etwa im Fall des Kaufmannes Mathias Stinnes, der 1840 den Schacht „Graf Beust“ abteufte: Erst seine ausdrückliche Bereitschaft, die Wasserverhältnisse der Bürger durch Zahlung einer Geldsumme zu verbessern, verhinderte 1841 den geplanten „Maschinensturm“ auf der Mutung Mathias.
Um die Wassernot zu beheben, bildeten die Stadtverordneten die „städtische Kommission für die Herstellung einer Wasserleitung für die Stadt Essen“. Am 15. Mai 1863 legte sie ihren Bericht vor. Am 3. Dezember des gleichen Jahres wurde die Ausführung einer zentralen Wasserversorgung durch die Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Beteiligt an der Finanzierung haben sich auch verschiedene Industrieunternehmen, wie z.B. die Firma Krupp, die ein wirtschaftlich motiviertes Interesse an einer gesicherten Wasserversorgung besaß.
Bereits ein Jahr nach der Projektierung wurde das nach Plänen des englischen Ingenieurs Moore erbaute, rechtsseitig der Ruhr gelegene Wasserwerk in Betrieb genommen und der Stadt übergeben. Das dort geförderte Wasser wurde in den noch im gleichen Jahr gebauten Wasserbehälter auf dem Steeler Berg gepumpt, der ein Fassungsvermögen von 3.000 m3 besaß. Die Entwicklung war damit jedoch längst nicht abgeschlossen, bedenkt man, daß in diesem Jahr bei einer Einwohnerzahl von 30.000 gerade einmal 280 Häuser der Stadt an die städtische Leitung angeschlossen waren.
Der Bau von weiteren Wassertürmen wie dem 1883/84 errichteten Hochbehälter an der Steeler Straße mit einem Fassungsvermögen von 2.000 m3 sowie dem 1891 in Bredeney errichteten Behälter, der 7.200 m3 Nutzinhalt aufwies, verweist deutlich auf den ständig steigenden Wasserbedarf der Stadt.
Mit der Inbetriebnahme des ersten Essener Wasserwerkes am 20. Oktober 1864 war jedoch nicht nur ein neues technisches System installiert, mit ihr war auch eine Änderung der Denkart der Menschen verbunden. Welch bedeutsame Stellung die traditionellen Weisen der Wasserversorgung im Bewußtsein der Menschen einnahmen, zeigt der Umstand, daß beide auch nach der Einführung der zentralen Wasserversorgung Bestand hatten. Das herkömmliche System der Wasserversorgung war an eine bestimmte Mentalität der Menschen geknüpft, die sich nicht so schnell ändern ließ wie die Technik. So hatten sich etwa mit der Versorgung der Bevölkerung an Grundwasserbrunnen und Fontänen zugleich Kommunikationsstrukturen gebildet, welche die Menschen nicht einfach aufzugeben bereit waren. Zudem wurde Wasser nach der Einführung einer zentralen Wasserversorgung ein Wirtschaftsgut und war damit nicht mehr frei verfügbar. So verwundert es nicht, wenn die Kaupenleitung erst 1880 versiegte, Grundwasserbrunnen sogar noch bis in das 20. Jahrhundert hinein existierten.
Dennoch erwies sich das bisherige System der Wasserversorgung als ungenügend. Die zwischen 1889 und 1891 in drei Wellen auftretende Typhusepidemie, die 157 Tote forderte, sowie die seit 1887 durchgeführten bakteriologischen Untersuchungen des Essener Trinkwassers ließen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Verunreinigung des Trinkwassers und der Typhusepidemie als nahezu sicher erscheinen.
Die hygienischen Bedenken, die sich aus der Erkenntnis der mangelhaften Qualität des Wassers in den Brunnen der Wassergewinnungsanlage auf der rechten Ruhrseite speisten, führten zwischen 1889 und 1892 zunächst zur Verlagerung der Brunnenförderung auf die linke Ruhrseite. Damit aber war das Problem längst nicht gelöst. Zwar erwiesen sich die bakteriologischen und hygienischen Voraussetzungen zur Wassergewinnung hier als erheblich besser, jedoch konnte das bestehende System aus Sammelkanal und Sammelbrunnen den wachsenden Bedarf nicht befriedigen. Aus diesem Grunde bewilligten die Stadtverordneten im April 1896 einen Plan des Wasserexperten A. Thiem aus Leipzig, der vorsah, das System der Brunnenförderung auf Sammelgalerien umzustellen. Die neue Gewinnungsanlage wurde am 7. Mai 1898 in Betrieb genommen. Damit war der Grundstein für die komplette Wasserversorgung Essens gelegt.
Die Anfänge der Gaswirtschaft
Um 1800 waren mit dem Einbruch der Dunkelheit nicht unerhebliche Gefahren auf den Essener Straßen verbunden. Die vier Laternen, die sich an den gefährlichen Straßenstellen in Essen befanden, waren unbrauchbar geworden. Zudem waren die Straßenverhältnisse so schlecht, daß sich viele Unglücksfälle ereigneten und man „nächtlings bey dem Passieren der Straßen das Leben wagte“. Da es eine an heutigen Maßstäben gemessene städtische Verwaltung nicht gab, entledigte sich die Stadt ihrer Verpflichtung zur Beleuchtung der Straßen dadurch, daß sie jeden Bürger zur Mitnahme einer Handlaterne mit Reservetalgkerze bei Polizeistrafe verpflichtete. „Vornehme Damen ließen sich durch ihre Mägde leuchten“.
Einen Fortschritt in der Frage der Straßenbeleuchtung brachte erst die französisch-napoleonische Verwaltung, unter der Essen seit 1806 stand. Der Maire (Bürgermeister) Müller wurde 1809 mit der Vorlage eines Planes für die Straßenbeleuchtung mitsamt einem Kostenplan beauftragt. In der Folgezeit jedoch erwiesen sich die Unterhaltungskosten für die 30 angebrachten Laternen, die mit Rüböl brannten, als so hoch, daß die Beleuchtung der Straßen seit 1811 reduziert und unter der preußischen Regierung ab 1813 völlig eingestellt wurde. Auch den Menschen der Stadt war die öffentliche Beleuchtung zutiefst suspekt. Als Mittel der Beobachtung und Überwachung stieß es bei den Bürgern noch auf Ablehnung. Für viele verstieß das künstlich erzeugte Licht gar gegen die göttliche Ordnung der Finsternis.
Der Beginn der öffentlichen Gasversorgung in Essen fiel recht bescheiden aus. Dem Essener Mechaniker Franz Dinnendahl war es mit Hilfe des Apothekers Franz Wilhelm Flashoff 1818 gelungen, Gas zu Leuchtzwecken in seiner Kunstschmiede, genau am Platz des heutigen Zollamtes neben dem Grillotheater, einzusetzen. Damit konnten zum ersten Male die natürlichen Lichtverhältnisse mit künstlichen Mitteln überwunden werden. In den Fabriken, die mit ihrem Arbeitsrhythmus bisher an das Tageslicht gebunden waren, konnte nun auch bei Nachtzeit gearbeitet werden.
Es dauerte jedoch noch einige Jahrzehnte, bis es nach ersten Überlegungen 1843 dann am 30. Januar 1855 zur Gründung der „Essener Gasaktiengesellschaft“ durch Privatleute und vermögende Essener Familien kam. Die erste Gasanstalt wurde nach den Plänen des Ingenieurs Ritter ein Jahr später auf dem Thurmfeld, hinter dem Rheinischen Bahnhof, gebaut. In kommunale Verantwortung ging das Gaswerk dann 1865 über, als die Stadtverordnetenversammlung nach einem Streit zwischen der Gasgesellschaft und der Stadt den Beschluß faßte, die Essener Gasgesellschaft zu erwerben. Bis zu diesem Zeitpunkt waren etwa 11 km Gasrohre verlegt und 176 öffentliche Laternen aufgestellt worden. Schließlich wurde das Gaswerk 1867 mit dem städtischen Wasserwerk zu einem einheitlichen kommunalen Unternehmen zusammengeschlossen. In kommunaler Verantwortung wurde das Gasrohrsystem bis zum Ende des Jahrhunderts auf über 80 km erweitert, die Anzahl der Laternen stieg auf 2.738 an.
Infolge des Wachstums der Stadt reichte die Anlage auf dem Thurmfeld jedoch bald nicht mehr aus. Da eine Erweiterung auf dem bisherigen Grundstück infolge des Untertagebergbaus nicht in Frage kam, wurde am 31. Dezember 1867 eine ebenso am Nordrand der Stadt gelegene neue Anlage am Segeroth (Reckhammerweg) dem Betrieb übergeben, gebaut nach den Plänen des Ingenieurs Krakow. Der dazugehörige Gasbehälter, der sogenannte Gasometer, eines der mächtigsten Industriesymbole des 19. Jahrhunderts, hatte einen Inhalt von 2.470 m3. Der Ausbau der Anlage durch einen zweiten (1870/71) und einen dritten (1873) Gasbehälter war aber auch hier nicht ganz unproblematisch. Infolge des Abbaus der Kohlenflöze durch die nahegelegenen Zechen entstanden in den Fundamenten der Gasometer Risse. Schließlich wurde zwischen 1897 und 1902 das gesamte Gaswerk erneuert und mit einem zusätzlichen Gasbehälter von 20.000 m3 Inhalt versehen.
Der Gasbedarf der Industrie war in der Hoch-Zeit der Industrialisierung stark angewachsen. Die Kruppsche Gußstahlfabrik hatte sich 1856 gar ein eigenes Gaswerk eingerichtet und mit einem Gasometer von 520 m3 Inhalt versehen. Später wurden die Gasometer der wachsenden Produktion angepaßt und verfügten in einem Fall sogar über einen Inhalt von über 37.000 m3. Mit seiner stetig ansteigenden Gaserzeugung wurde das Kruppsche Gaswerk zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten der kommunalen Gasversorgung. Erst 1989 ging die Kruppsche Gasversorgung in die Verantwortung der Stadtwerke Essen AG über.
Obwohl mit der Inbetriebnahme des Essener Elektrizitätswerks am 1. April 1900 das elektrische Licht als ein weiterer Konkurrent auf den Plan trat, besaß die Gasbeleuchtung auch nach der Jahrhundertwende einen bedeutsamen Stellenwert. Zum einen deshalb, weil die gesamte öffentliche Straßen- und Verkehrsbeleuchtung weiterhin von der Gasanstalt betrieben wurde; zum anderen, weil auch die Technik der Gasbeleuchtung vorwärtsschritt. Das von dem österreichischen Chemiker und Ingenieur Auer von Welsbach 1886 erfundene Gasglühlicht verbrauchte weniger Gas und war im Vergleich zur elektrischen Beleuchtung deutlich preiswerter.
Das Gasglühlicht besaß darüber hinaus noch einen weiteren Vorteil. Das im Auerschen Glühstrumpf als Heizstoff dienende Gas konnte jetzt auch in den Verbundöfen der Zechenkokereien gewonnen werden. Wurde das Gas von den städtischen Werken bis um die Jahrhundertwende selbst hergestellt, begannen 1905 die ersten Versuche, Koksofengas zur Gasversorgung zu nutzen. In der Folgezeit bezogen die städtischen Werke vollständig Kokereigas zur Versorgung der Bevölkerung von den in Essen liegenden Zechen und Kokereien. Am 11. Dezember 1974 stimmte der Rat der Stadt Essen einem Zusatzvertrag mit der Ruhrgas AG zu, Erdgas in das Essener Gasnetz einzuspeisen. Bereits 1979 war die gesamte Umstellung Essens auf umweltfreundliches Erdgas vollzogen. In diesen Zeitraum fällt auch der Bau eines neuen Betriebshofes an der Twentmannstraße in Altenessen. Damit wurde der langjährige Standort am Reckhammerweg Mitte der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts aufgegeben.
Die Versorgung der Essener Bevölkerung mit Wasser und Gas erscheint aus heutiger Sicht als Selbstverständlichkeit. Die historische Perspektive macht aber deutlich, daß es eine Vielzahl technischer und organisatorischer Probleme zu überwinden galt, die sich aus dem verstärkt einsetzenden Prozeß der Großstadtwerdung Essens ab Mitte des 19. Jahrhunderts ergaben. Angesichts der heutigen Infrastruktur-Leistungen vermag man sich nur schwer vorzustellen, daß die damals Verantwortlichen lange Zeit gar nicht wußten, wie sie die Versorgung einer ständig wachsenden Bevölkerung sicherstellen sollten. Erst eine Anpassung der Versorgungsweisen an die Bedürfnisse der immer größer werdenden Stadt führte zur Schaffung derjenigen Einrichtungen, die wir heute als nahezu selbstverständlich vorfinden und in Anspruch nehmen.